"Die Vorbereitung war eine intensive und großartige Phase ..." - unsere Ausstellungsgestalterin berichtet über ihre Arbeit

01.04.2019 Astrid Jordan

Stefanie Dowidat und Luisa Neumann bei der Arbeit. Obwohl die Entwurfsplanung größtenteils digital am Rechner erfolgt, hilft der Bau von Modellen bei der Veranschaulichung und Erfassung der Raumdimensionen.
 

A.J.: Liebe Stefanie Dowidat, in 170 Tagen wird die PEST-Ausstellung eröffnet. Wann hast du dir erste Gedanken zur Gestaltung dieser Ausstellung gemacht und wann stand dann das Grundkonzept der Gestaltung fest?

S.D.: Das Gestaltungskonzept der Ausstellung entstand bereits im Sommer letzten Jahres. Da ich noch ein weiteres Ausstellungsprojekt (Irrtümer & Fälschungen der Archäologie) im Herbst letzten Jahres am Roemer- und Pelizaeus-Museum in Hildesheim umzusetzen hatte, begann ich frühzeitig mit der PEST. Zu dem Zeitpunkt waren die Rahmenbedingungen bereits bekannt und die ersten „Key-Exponate“ standen fest. Bewusst arbeitete ich während der Konzeptphase nicht im Museum, sondern entwickelte meine Ideen im eigenen Arbeitszimmer. Dadurch war ich nicht abgelenkt und konnte mich ganz auf das Thema konzentrieren. Das war eine intensive und großartige Phase.

A.J.: Das Thema der Ausstellung und unser Verständnis vom Tod weckt nicht unbedingt positive Emotionen. Auch in der Gestaltung ist dies sicherlich eine große Herausforderung. Wie ist Deine Herangehensweise an diese Problematik?

S.D.: Am Anfang der Zusammenarbeit gab es einen Workshop mit allen Beteiligten. Dabei legten wir fest, was wir im Zusammenhang mit den Themen Krankheit und Tod nicht zeigen wollen. Insbesondere Fotos von Toten oder Leichenbergen schlossen wir aus. Dagegen war und ist uns wichtig, dass wir allen Opfern der Seuche mit Respekt begegnen. Zudem wechseln sich sehr emotionale Geschichten z. B. ab mit einem „wissenschaftlichen Blick“ auf die drei Pandemien. Auch die damalige Unwissenheit im Umgang mit der Pest, u. a. das Schießen von Kanonenkugeln in die Luft, um diese „reiner“ zu machen, soll nicht lächerlich präsentiert werden. Vielmehr wollen wir aufzeigen, dass viele Errungenschaften, wie z. B. die Kanalisation, eine Verbesserung der Hygiene, strikte Quarantänevorschriften oder die Herstellung von Impfstoffen erst im Laufe der Jahrhunderte entstanden und damit erst die Voraussetzung schufen, die Pest wirksam bekämpfen zu können.

Erste Entwürfe und Zeichnungen zur Darstellung des Themas "Totentanz" in der Ausstellung. Diesem zentralen Thema widmen wir in Kürze einen eigenen BLOG-Artikel.
 

S.D.: Für mich als Gestalterin war jedoch der Tod in der Kunst ein sehr spannendes Feld. Insbesondere der „Totentanz“, ein über Jahrhunderte lang verwendetes Motiv in der Kunst, aber auch in der Literatur, Musik oder im Film, zeigt den Tod als fröhlich tanzende Skelette. Diese Heiterkeit und Lebensfreude der Todesgestalten hat mich dazu angeregt, das Motiv aufgreifen und als zeitgenössische Darstellung in die Ausstellung bringen zu wollen.
Als Mittelpunkt der Ausstellung soll die zeitgemäße Interpretation auf einer 5 m hohen und 10 m langen Lichtwand gezeigt werden. Für die Umsetzung haben wir eigens per Wettbewerb eine Künstlerin beauftragt.

Im Büro des Projektteams PEST hängt die große Tafel der recherchierten Wunschexponate, die sich während der Vorbereitungsphase in einem ständigen Wandel befand und nun in die finale Phase geht. Die Leihgeber müssen ihre Zustimmung geben und Anforderungen an Transport sowie konservatorische Bedingungen geklärt werden.
 

A.J.: Etwa 300 archäologische und kulturhistorische Exponate werden in der Sonderausstellung gezeigt. Logistisch ist es sicherlich eine Herausforderung, dass alles am Ende im passenden Kontext einen geeigneten Platz findet, oder?

S.D.: Insgesamt gibt es in der Ausstellung zwölf Themenbereiche. Pro Bereich stehen ca. 40-50 qm zur Verfügung, welche mit Aufbauten, Vitrinen, Podesten etc. bestückt werden, um die Exponate ansprechend präsentieren zu können. Zu manchen Themen gibt es sehr viele Exponate, zu anderen eher weniger. Deshalb besprechen wir im Projektteam regelmäßig anhand vorliegender Entwurfsplanungen, ob sich ggf. Exponate umverteilen lassen oder wir ein Exponat aus Platzgründen leider weglassen müssen.

Ein anderer Aspekt sind die Bedingungen, welche mit den Exponaten verbunden sind. Manche sind besonders schwer und müssen deshalb vorab mit einem Schwerlastkran in die Halle transportiert werden. Manche dürfen zum Schutz nur in einer Klimavitrine oder bei besonderem Licht gezeigt werden. Wieder andere sind entweder so groß oder so klein, dass man sich sehr viel Gedanken machen muss, wie sie gut präsentiert werden.

 

A.J.: Welches ist der Themenbereich, den Du am interessantesten findest?

Das ist eine schwere Frage. Viele Aspekte sind super spannend und ich lerne jeden Tag etwas Neues zum Thema. Interessant finde ich z. B. die vielen Gründe, die die Menschen als Ursache für die Pest ansahen. Ob die sogenannte Miasmen-Theorie, also die Annahme, dass es auslösende Stoffe in der Luft oder in der Erde gibt, die eine Krankheit auslösen, oder Planeten-Konstellationen, welche Seuchen begünstigen. Solche Vorstellungen sind uns heute sehr fremd.

Viel Spaß hatte ich auch an der Abteilung „Medizin im Mittelalter“. Sie ist inhaltlich sehr stimmig angelegt und es gibt wunderbare Exponate, z. B. die Theriak-Rezeptzutaten.